Egregantius

Tag: Schicksal

Perhorreszierende Perzeptionen (XII)

[1] Wie gewollt ist eigentlich unser Wollen?

[2] Man kann sein Kapital auch in ein großes Unvermögen verwandeln.

[3] Sobald ein Philosoph sein Denken lieben lernt, verlernt er es vollständig.

[4] Gehören unsere Träume uns, oder gehören wir unseren Träumen?

[5] Wer im Einklang mit sich ist, kann nicht so berauschend klingen.

[6] Es gibt kein wahres Lesen ohne Genesegenuss.

[7] Die Selbstgespräche von Taubstummen sind vermutlich am ergiebigsten.

[8] Wenn das Universum deterministisch ist, dann hat es alles für Nichts gegeben.

[9] Das Schicksal der meisten: So fertig mit der Welt zu leben, als hätten sie sich ausgelebt.

[10] Festzuhalten bleibt, dass festgehaltene Sätze fast immer unhaltbar werden.

Skizze über das Genie

Für das Genie hat die Logik keinen spezifischen Wert, weil es in der glücklichen Lage ist, von Grund auf logisch durchstimmt zu sein. Alle seine Handlungen sind im Kontext seines Lebens von einer zwingenden logischen Notwendigkeit und ergeben in einem tieferen Zusammenhang seine Lebensleistung. Retrospektiv ist es in beängstigender Weise nachvollziehbar bis zum Schluss, prospektiv erschrickt es gelegentlich vor seinem Schicksal, weil es dieses kraft seiner Ratio zu erkennen glaubt. Die Konklusion seines durchstimmten Lebens kann nie überraschen, weil das Genie es zu Lebzeiten verstand, alle seine naturgegebenen Prämissen auf seine Weise umzuschmelzen und gar nicht anders werden konnte, als so, wie es war.

Über die Todesstrafe

Vorbemerkung: Ich bin ein Gegner der Todesstrafe, habe mir aber in diesem Blogeintrag einmal Gedanken darüber gemacht, was die Todesstrafe an sich überhaupt für den zweifelsfrei schuldigen Täter (im Hinterkopf habe ich dabei einen Mörder) zu bedeuten hat und welche Konsequenzen sich daraus für ihn ergeben.

Alle Straftaten, die diesen Namen verdienen, werden im Vollzug einer entsprechenden Strafbehandlung nachhaltig verbüßt, mit Ausnahme der Todesstrafe durch gesetzlich legitimierten Urteilsspruch: Diese soll vorzeitig auf ein nicht beeinflussbares, vorherbestimmtes, gerichtetes Ende hin vorgebüßt werden und stellt damit eine Bestrafungsart dar, die dem Straftäter das Verarbeiten seiner Tat in dem vollem Umfang seiner Lebenserwartung gewaltsam abspricht und daher ein Fertigwerden mit der auf sich geladenen Schuld für ihn zwar nicht unmöglich, aber doch sehr unwahrscheinlich macht. Aber vielleicht soll ja gerade das der Sinn und Zweck der Todesstrafe sein, dass der damit Bestrafte zwangsweise mit sich für immer im Unreinen bleiben und unerträgliche Qualen leiden soll? Es stellt sich natürlich auch die Frage, ob man mit einem verübten Mord zeitlebens überhaupt fertigwerden kann? Ich will nicht zynisch klingen, aber wenn ein Täter mit seiner Tat a priori nicht fertigwerden kann, dann ist die Todesstrafe ja vielleicht sogar in dem Sinne hilfreich, dass sie einen konsequenten Ausweg aus diesem für immer zerstörten Leben vorschreibt und diktiert (denn der Mörder, der sich seines Mordes vollkommen bewusst geworden ist, hat nicht nur das Leben seines Opfers auf dem Gewissen!). Kann der Täter sich dann willig in sein Schicksal ergeben und einer Nietzscheanischen Amor Fati-Haltung gemäß seinem Tod entgegengehen? Könnte er vielleicht sogar glauben, dass seine Tat gottgewollt und absolut notwendig war, um das Menschengeschlecht in moralischer Hinsicht voranzubringen? Ich kann mir jedenfalls vorstellen, dass Briefe und letzte Worte von zum Tode verurteilten Mördern, was diese Fragen angeht, sehr aufschlussreich sein könnten.